Donnerstag, 5. April 2012

Buchpräsentation »Jeder zweite Berliner. Schlesische Spuren an der Spree« am 18. April 2012 im Roten Rathaus Berlin

In ihrem letzten Beitrag an dieser Stelle vor gut einem Jahr kündigte Roswitha Schieb das Erscheinen des Buches Jeder zweite Berliner. Schlesische Spuren an der Spree an. Nun ist es soweit, am Mittwoch, d. 18. April 2012, wird das Buch aus dem Verlag des Deutschen Kulturforums östliches Europa im Berliner Roten Rathaus zum ersten Mal präsentiert. Roswitha Schieb wird mit zahlreichen Lichtbildern ihre Arbeit vorstellen; das Salonorchester Berliner Melange umrahmt die Veranstaltung musikalisch durch Stücke von Berliner Komponisten, die aus Schlesien stammten.

Weitere Informationen zur Veranstaltung finden Sie auf der Website des Kulturforums: ► www.kulturforum.info
 
unter issu.com

Montag, 28. Februar 2011

Schlesische Spuren

Das Wappen von Gleiwitz  
Foto: © Barbara Gafert

Im Innenhof des Rathauses Wilmersdorf am Fehrbelliner Platz befinden sich 27 Mosaik-Wappen »ehemals ostdeutscher Länder und Städte«, die der bereits erwähnte schlesische Künstler Peter Ludwig Kowalski für die alte Hohenzollernbrücke anfertigte. Als die Brücke der Stadtautobahn weichen musste, wurden die Wappen 1957 im Innenhof des Rathauses Wilmersdorf angebracht. Sieben Wappen von schlesischen Provinzen befinden sich darunter: Niederschlesien, Breslau, Liegnitz, Neiße, Oberschlesien, Gleiwitz, Oppeln. Eine Tafel von 1992 erläutert unaufgeregt den Umgang mit den historischen Bezügen:

Donnerstag, 24. Februar 2011

Schlesien in der DDR

In Ost-Berlin, der Hauptstadt der DDR, gab es keine öffentlichen Hinweise auf die Vertreibungen. Im Gegenteil: es durfte in der dortigen Terminologie nicht einmal von Vertreibung gesprochen werden, sondern nur von Umsiedlung. Die westlichen Vertriebenenverbände wurden als Hort des Revanchismus gebrandmarkt, Vertriebene, die sich in West-Berlin beispielsweise im Park-Café am Fehrbelliner Platz trafen, von der Stasi durch sogenannte Opa-IM's ausgehorcht. 1950 wurde der Schlesische Bahnhof, obwohl die sowjetischen Streitkräfte den Namen 1945 sorgfältig in »Sileskij Woksal« oder »Berlin sileskije« auf den Bahnhofsschildern ins Kyrillische transkribiert hatten, zunächst in Ostbahnhof, dann in Hauptbahnhof umbenannt, die zum Schlesischen Bahnhof hinführende Breslauer Straße in die Straße Am Ostbahnhof. In den Stasi-Akten galt der Status als »Umsiedler« in den fünfziger Jahren als etwa so negativ wie in anderen Akten die Tatsache der NSDAP-Mitgliedschaft – eine unterstellende Verquickung, die bis heute im fast reflexhaften Kurzschluss Vertriebener = potentieller Nazi immer noch wirksam ist. Historisch ist dieser Kurzschluss ungerechtfertigt: betrug bei den letzten Wahlen vor der Machtergreifung die Zustimmung zur NSDAP in bestimmten katholischen Regionen Schlesiens nur 28 Prozent, in Niedersachsen hingegen mancherorts über 60 Prozent – kein Grund also, unterstellend auf Schlesier herabzuschauen.

Montag, 21. Februar 2011

Ewige Flamme

Jedes Mal, wenn ich in den achtziger Jahren mit dem Doppelstockbus um den Theodor-Heuss-Platz herumfuhr, was selten genug vorkam, berührte mich die brennende Schale auf dem Steinblock, der dort aufgestellt war, unangenehm. Ohne auch nur das Geringste über die Bedeutung dieses Denkmals zu wissen, lehnte ich es ab. Die zur Straßenseite hin angebrachten Worte »Freiheit – Recht – Friede« waren in ihrer Allgemeinheit nicht dazu angetan, ein unbewusstes Misstrauen diesem Ensemble gegenüber zu zerstreuen. Die dreibeinige Opferschale ließ meine Assoziationen unmittelbar und ungut zu den eisernen Leuchterreihen des Olympiastadions schweifen. Ein, wie ich meinte, muffiges Pathos stieß mich ebenso zurück wie eine angemaßte Sakralität. Hier war, so dachte ich, falsches Bewusstsein am Werk, etwas Reaktionäres und Restauratives aus den finsteren Anfangsgründen der Bundesrepublik.

Donnerstag, 17. Februar 2011

Mystisches Glas

Die Frömmigkeit, die die katholischen Schlesier vor allem aus Oberschlesien mitbrachten, fand im kargen, preußischen Berlin wenig Widerhall. Die östlich geprägte religiöse Inbrunst konnte leicht als Aberglauben missverstanden werden. Schlesische Katholiken, die sich im ausgehenden 19. Jahrhundert in Berlin assimilieren wollten, taten gut daran, ihre Frömmigkeit nur im Schutz ihrer Kirchen und Familien auszuleben. Auch die mystische Tradition, wie sie in Schlesien mit prominenten Vertretern wie Jakob Böhme, Daniel Czepko von Reigersfeld oder Angelus Silesius seit dem 17. Jahrhundert konfessionsübergreifend lebendig war, fiel in Berlin nicht zwangsläufig auf fruchtbaren Boden. Da bedurfte es einiger Umwege.

Montag, 14. Februar 2011

Widerstand

Der christliche Widerstand gegen den Nationalsozialismus weist bedeutende Namen aus Schlesien auf. Über das mutige Wirken und Eintreten des aus dem niederschlesischen Ohlau stammenden Domprobsts Bernhard Lichtenberg gegen den Nationalsozialismus werden wir im Buch Näheres erfahren. Dem aus Breslau gebürtigen Pfarrer Joseph Lenzel, der sich für polnische Zwangsarbeiter einsetzte und im KZ Dachau ermordet wurde, waren wir bereits im Zusammenhang mit dem Hedwigsfriedhof 3 in Reinickendorf begegnet. Ebenfalls für polnische Zwangsarbeiter engagierte sich der Pfarrer August Froehlich.

Gedenktafel August Froehlich in Rudow  
Foto: © www.wikipedia.de

Donnerstag, 10. Februar 2011

Religion

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wuchs im Zuge der Industrialisierung die Bevölkerung Berlins sprunghaft an. Soziologisch gesehen war die Bevölkerungsexplosion vor allem dem enormen Zustrom von Arbeitskräften aus allen Provinzen, bevorzugt aus Schlesien, dem angestammten Berliner Hinterland geschuldet. Da Schlesien konfessionell geteilt war, brachten die Zuwanderer aus Schlesien entweder ihren evangelischen oder katholischen Glauben mit. Für die Protestanten aus Schlesien war es in Berlin einfacher, religiös heimisch zu werden und sich zu assimilieren, da die Stadt protestantisch geprägt war. In vielen bereits existierenden Kirchen und Gemeinden konnten sie sich eingliedern, ja einschmelzen. Sie befanden sich nun im Zentrum der traditionellen preußischen Verquickung von Thron und Altar. Natürlich mussten auch im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert aufgrund des Anwachsens der evangelischen Gemeinden viele repräsentative Kirchenbauten im zeittypisch neoromanischen, neogotischen oder später im expressionistischen Stil errichtet werden. Aber da die meisten älteren und alle ältesten Kirchen der Stadt, die Dorfkirchen, protestantisch waren, wirkten die Neubauten wie organische Erweiterungsbauten auf einer angestammten Glaubensschicht.