Das Wappen von Gleiwitz Foto: © Barbara Gafert |
Im Innenhof des Rathauses Wilmersdorf am Fehrbelliner Platz befinden sich 27 Mosaik-Wappen »ehemals ostdeutscher Länder und Städte«, die der bereits erwähnte schlesische Künstler Peter Ludwig Kowalski für die alte Hohenzollernbrücke anfertigte. Als die Brücke der Stadtautobahn weichen musste, wurden die Wappen 1957 im Innenhof des Rathauses Wilmersdorf angebracht. Sieben Wappen von schlesischen Provinzen befinden sich darunter: Niederschlesien, Breslau, Liegnitz, Neiße, Oberschlesien, Gleiwitz, Oppeln. Eine Tafel von 1992 erläutert unaufgeregt den Umgang mit den historischen Bezügen:
Die wieder gegründeten Länder Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Thüringen sowie die Stadt Frankfurt an der Oder gehören seit dem 3. Oktober 1990 zur Bundesrepublik Deutschland. Die anderen früheren Länder, Provinzen und Städte liegen heute in Polen, Litauen und der Republik Russland. Die Länder und Provinzen existieren nicht mehr als Gebietskörperschaften. [...] Mit diesen Wappen werden keine Ansprüche verbunden. Sie erinnern an einen Teil der deutschen und europäischen Geschichte.
Diese Tafel wirkt vorbildlich: sie ordnet die Vergangenheit historisch ein und trägt den neuen, in der Folge des Zweiten Weltkriegs entstandenen Gegebenheiten Rechung. Sie ist nicht relativistisch und nicht revisionistisch. Sie sagt in nüchterner Weise nichts anderes als: so war es und so ist es nun nicht mehr. Diese Unaufgeregtheit könnte ein Ausweg aus all den zänkischen Grabenkämpfen sein, die das Thema der Vertreibung umstellen – sich dem Neuen gegenüber zu öffnen, ohne das Vergangene auszublenden.
Dieser Blog, der heute endet, wollte – neben Überlegungen zum Heimatbegriff – vielfältige Facetten schlesischer Einflüsse auf Berlin zeigen. Das Buch »Jeder zweite Berliner. Schlesische Spuren in Berlin«, das Ende 2011 erscheinen soll, wird diese historischen Schürfungen, diese Punktbohrungen des Blogs, noch vertiefen, panoramatisch erweitern und an entscheidenden Berliner Dreh- und Angelpunkten festmachen. Es will zeigen, dass die Stadt ohne diese Einflüsse eine ganz andere wäre, nicht nur in Bezug auf ihre Bau- und Kunstwerke und auf ihre Geschichte, sondern auch hinsichtlich ihrer Mentalität. Erklärte Absicht des Buches ist, nicht nur Berlin als einen großen Speicher des ehemaligen Schlesien auszuloten, sondern auch Erstaunen und Freude zu vermitteln über die Vielfalt kultureller und ökonomischer Leistungen einer Provinz, die Berlin wie keine andere bereichert hat.